Als der 34-jährige Berliner Hobbygärtner Timo Weber im vergangenen Frühjahr seinen neuen Gemüsebeet anlegen wollte, stieß er auf ein metallenes Geheimnis – eine rostige, 80 x 80 cm große Stahlluke, halb versteckt unter Efeu und alten Ziegeln. „Zuerst dachte ich an einen alten Abwasserkanal“, erinnert sich Weber, „aber das Scharnier war zu stabil für etwas Banales.“ Seine Neugier siegte: Mit einem Brecheisen und der Hilfe seines Nachbarn öffnete er die vergessene Tür zu einer vergangenen Ära.
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Was sich unter der Luke verbarg, übertraf alle Erwartungen: Ein 3,5 Meter tiefer Ziegelbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, perfekt erhalten. Die feuchte Luft roch nach Erde und Metall. An den Wänden hingen noch original Öllampen, daneben standen Holzkisten mit etikettierten Konserven aus den 1940ern – „Erbsen mit Speck, 1943“ war auf einer Dose zu lesen. Der spektakulärste Fund? Ein unversehrtes Tagebuch eines Wehrmachtssoldaten, eingewickelt in wasserdichtes Pergament, das nun Historiker der Humboldt-Universität analysieren.
Experten des Berliner Unterwelten e.V. identifizierten den Bunker als seltenen „LSR-Bau“ (Luftschutz-Räumungsbunker), eine Übergangslösung für Zivilisten während Bombenangriffen. „Diese kleinen Privatbunker waren typisch für Hinterhöfe wohlhabender Familien“, erklärt Archäologe Dr. Felix Brandt. „Aber so vollständig möbliert – mit Feldbetten, Sanitätskasten und sogar einer Handkurbel-Lüftung – haben wir seit Jahrzehnten keinen mehr gesehen.“
Die Entdeckung löste eine kleine wissenschaftliche Sensation aus. Das Tagebuch beschreibt detailliert das Alltagsleben im bombardierten Berlin, inklusive Skizzen versteckter Fluchtwege unter der Friedrichstraße. Doch für Weber stellte sich eine praktische Frage: Was tun mit diesem Stück Geschichte? Die Denkmalschutzbehörde erlaubte den Erhalt – unter einer Bedingung: Der Bunker muss als Lehrort dienen.
Heute führt Weber monatlich kleine Gruppen durch das Zeitkapsel in seinem Garten. „Jeder denkt bei ‚Bunker‘ an Krieg“, sagt er, während er die original Holztreppe hinabsteigt, „aber dieser hier rettete damals Familien. Das verdient Erinnerung.“ Die Luke bleibt nun offen – geschützt durch ein Glasprisma, das Tageslicht in die unterirdische Geschichte lässt.